Filmstill "Therapie' (© Felix Charin)
Filmstill "Therapie' (© Felix Charin)

Komm, wir machen eine „Therapie“

Der spannende, schnell geschnittene und keine Sekunde langatmige Streifen „Therapie“ stammt aus der Feder des talentierten Regisseurs Felix Charin. Wäre er in der Sektion „Wettbewerb“ des Festivals Achtung Berlin gelaufen, hätte man ihn sicher zu einem der Preisträger gekürt. Die Idee zum Drehbuch kam Charin, als er als ehrenamtlicher Helfer im Vollzug der JVA Plötzensee tätig war. Dort hatte er einen Häftling betreut, dessen Schicksal ihn bewegte und inspirierte. Ein ganzes Jahr dauerte die Recherche. Herausgekommen ist ein Thriller, der einen packt und zeitgleich aufs gelungenste unterhält.

Denn die Hauptdarstellerin Taneshia Abt ist köstlich. Eigentlich aus dem Tanzfach (10 Jahre Friedrichstadtpalast) hat sich Taneshia nun dem Schauspiel zugewandt, und das war eine gute Entscheidung.
Sie spielt die schnoddrige Schlägerbraut Alia, die sich nach vier Jahren Haft endlich wieder auf freiem Fuß befindet, aber als richterliche Auflage eine Psychotherapie bei dem renommierten Dr. Steinach absolvieren muss. Diesen Part übernimmt Tatortkommissar Ritter alias Dominic Raacke. Dass seine Methoden auch nicht ganz koscher sind, wird dem Zuschauer im Verlaufe der Sitzungen erst ganz allmählich klar. Und nicht nur Alia findet Gefallen an Gewalt, auch ihre ehemalige Cliquenfreundin Nina und der seriöse Herr Doktor sind keine Kinder von Traurigkeit.

Der Film ist nur an 32 Tagen gedreht und beweist einmal mehr, dass mit einem schmalen Budget auch ein grandioses Projekt realisierbar ist. Sicherlich ist hier der Zusammenhalt der gesamten Crew nicht ganz unwesentlich. So hat beispielsweise die Dame von Szenenbild inklusive Requisite alles mit 1500 Euro auf die Beine gestellt, chapeau!

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Das Team von Therapie (2. v.l. Taneshia Abt, 4.v.l Regisseur Felix Charin, 6. v.l. Kamera, 7. v.l. Requisite)

Gedreht wurde in Mitte, das Palais am Festungsgraben wird so mancher erkannt haben, und in Prenzlauer Berg. Das Besondere an dem Thriller ist seine Kameraführung. Alles, was so wunderbar leicht aussieht, ist durch präzise Schnitte und ausgiebige Drehs entstanden. Oft haben die Schauspieler das Handgelenk des Kameramanns gehalten, um eine Authentizität zu gewährleisten. Jedoch wäre jeder Akteur mit zeitgleichem Mimen und Drehen überfordert. So können wir uns auch vor Jakob Creutzburg verneigen, der mehr als solide Arbeit geleistet hat.

Ein bisschen zu bedauern ist schon, dass der Film demnächst noch nicht regulär im Kino zu sehen sein wird. Aber er läuft im Juni 2017 auf dem Filmfestival in Emden.
Wer also Zeit und Lust hat, mal wieder einen Ausflug nach Norddeutschland zu unternehmen, sollte das unbedingt im Sommer tun. Eine weitere Option wäre das Fimfestival in Shanghai, ebenfalls im Juni. Nur da kommt man ja so schnell nicht vorbei. Und weil der WDR mit im Boot sitzt, können ganz Geduldige bis 2018 warten. Denn dann läuft der Thriller auch im Fernsehen.

In jedem Fall viel Erfolg und Glück für „Therapie“. Und weiter so!

D 2016, 120 min.

Regie Felix Charin
seine Filmprojekte kannst Du hier sehen: crew-united.com
Darsteller/innen Taneshia Abt, Dominic Raacke, Isabel Thierauch, Aziz Sbei
Buch Felix Charin
Kamera Jakob Creutzburg
Schnitt Arman Kashani
Ton Robert Fuhrmann
Szenenbild Laura Lessnick, Marie Ross
Kostüm Marianka Benesch
Musik Max Tesem Frauscher

2 comments on “Komm, wir machen eine „Therapie“

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