Eingang zur Akademie der Künste (Foto: AS)
Eingang zur Akademie der Künste (Foto: Anne Schüchner)

sauerbruch hutton satt

Die Doppelausstellung draw love build / sauerbruch hutton tracing modernities lädt kraft 60 Architekturmodellen (vom Hennigsdorfer Rathaus über das Museum Brandhorst in München, das Experimenta in Heilbronn oder Umweltbundesamt in Dessau bis hin zu KfW in Frankfurt am Main) und 100 Zeichnungen aus drei Jahrzehnten ein, sich mit dem Schaffen des Berliner Architektenteams sauerbruch hutton auseinanderzusetzen.
Das Büro hat sein Vorlass (ja, es gibt nicht nur den Nachlass!) an das Baukunstarchiv der Akademie übergeben. Und aus diesem Bewegrund erweiterten die Architekten Louisa Hutton, Matthias Sauerbruch und Tom Geister gemeinsam mit Kurator Dirk van den Heuvel ihre Retrospektive um eine Ebene: Den Zugriff auf das Baukunstarchiv. Dieser lässt interessante Dialoge zwischen Positionen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart zu und bietet die Gelegenheit, einen direkten Vergleich mit Leitmotiven der Moderne weiterzuschreiben. In beiden Sälen stehen 16 Vitrinen, wo Fundstücke aus dem von Scharoun gegründeten Archiv zu Themen wie Stadtlandschaft, Palimpsest, Fortschritt, Habitat, Materialgerechtigkeit oder Organische Architektur und Bauen mit der Natur Bezug nehmen. Um die Vitrinen herum kannst Du dann Modelle und Zeichnungen betrachten und dialogische Begegnungen zu den jeweiligen Themen herstellen.
Willst Du Deinen Blick in das Werk der Architekten noch weiter vertiefen, lässt sich das auf dem iPad, das gegen einen Perso oder ähnliches Dokument ausleihbar ist, tun. Hier gibt es zu jedem Projekt beschreibende Texte, exzellente Fotos, Pläne, Daten und Videos.

Modell: Werkhof Lehrter Straße (Foto: AS)
Modell: Werkhof Lehrter Straße (Foto: AS, ©sauerbruch hutton)

Ich picke mir das Projekt Werkhof Lehrter Straße heraus, da es in Berlin realisiert wurde. Das Werkhofareal umfasst ein Ensemble von Bauten, die Ende des 19. Jahrhunderts für das preußische Militär errichtet wurden. In Haus 2, hinten rechts mit dem Sheddach, einer ehemaligen Uniformschneiderei, sind nun die Büros und Studios von Sauerbruch Hutton untergebracht. Dieser größte, erhaltene Einzelbau des Ensembles wurde 2009 saniert. Die letzte bauliche Ergänzung fand 2017 mit Haus 6 statt. Dieses Wohn- und Ateliergebäude, hier auf dem Foto ganz vorne in Hellgrau zu sehen, steht zwischen einem historischen Backsteingebäude und einem zeitgenössischen Ateliergebäude in Sichtbeton. Die Höhe und Dachform des Neubaus vermittelt zwischen beiden Nachbarn. Durch die Edelstahlblech-Fassade werden die umliegenden Gebäude ungleichmäßig reflektiert, und so wirkt der Viergeschosser fast fließend.

Foto vom Werkhof Lehrter Straße (©sauerbruch hutton)
Haus 6, Werkhofareal Lehrter Straße (©sauerbruch hutton)

Auch spannend ist natürlich das GSW Gebäude in der Kochstraße. Es funktioniert mit dem alten Bestandshaus aus den 50ern, das nicht abgerissen wurde, quasi wie Palimpsest. Genauso beeindruckt das Center für Naturwissenschaft und Technik Experimenta in Heilbronn. Der Neubau wurde als große Spirale konzipiert, die sich hochwickelt über Rolltreppen und Experimentierräume in der Mitte. Hier lässt sich der von Hugo Häring geprägt Begriff des Organischen Bauens gut nachvollziehen. Und als letztes Projekt möchte ich noch auf das Museum Brandhorst in München hinweisen. Die farbenfrohe Fassade besteht aus Tausenden vertikal angebrachten Keramikstäben, die Bagettinis genannt werden. Das Gebäude wirkt selbst wie eine Art großes Kunstwerk und stimmt neugierig auf das, was es beherbergt.

Fassade des Museums (li), die farbigen Bagettinis (re) Foto: AS

Abgerundet wird die Schau mit dem Film Sauerbruch Hutton Architekten von Harun Farocki aus dem Jahr 2013, der in 73 Minuten den Alltag und die Arbeitsweise des Büros einfängt. 1989 in London von Louisa Hutton und Matthias Sauerbruch gegründet, arbeiten die 100 Mitarbeiter*innen inzwischen in Berlin.
Summa summarum verdeutlicht die vielschichtige, spannende Ausstellung, dass Architektur stets Erneuerung bedeutet und die Frage, ob das Neue immer das Bessere ist, in den Raum stellt. Soviel ist gewiss: Du solltest bei Deinem Besuch viel Zeit im Schlepptau haben.

Location:
Akademie der Künste
Hanseatenweg 10, Berlin-Tiergarten (S-Bhf. Bellevue oder U-Bhf. Hansaplatz)

Öffnungszeiten:
Täglich von 10 bis 20 Uhr

Eintritt:
10 €/erm. 7 €

Führungen:
dienstags, 17 Uhr und sonntags 12 Uhr
5 € plus Ticket

Laufzeit:
bis zum 19. Januar 2025

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