Was haben Frau von Trotta und Westernhagen gemein? Nein, obiger Songtitel aus dem Jahre 1978 ist nicht der großen deutschen Schauspielerin und Regisseurin gewidmet. Aber -es gibt eine Schnittmenge. So Du die Ausstellung gründlich erkundest, bist Du gleich in der Spur.
Nun von vorne: Diese umfangreiche Retrospektive Margarethe von Trottas, die zwar bereits vor drei Jahren ihren runden Geburtstag feierte, allerdings auch „unrund“ nicht an Popularität verlliert, kannst Du in den Räumlichkeiten des n.b.k. genießen. In ihren Arbeiten beschäftigt sich die Filmemacherin über ein halbes Jahrhundert lang mit deutscher Geschichte, historischen Frauenfiguren wie auch dem Verhältnis von Privatem und Politischem.
Von Trotta wird im Februar 1942 als Staatenlose in Berlin geboren. Ihr Vater ist Maler, ihre Mutter entstammt einer adligen Kaufmannsfamilie aus dem Baltikum, das damals zum russischen Zarenreich gehörte. Aus Angst vor Verfolgung flüchtete die Familie 1920. Mit dem Untergang des Reiches verlor die Mutter ihre russische Staatsangehörigkeit und bleibt staatenlos. Auch Margarethe erhält nur einen grauen (im Unterschied zum damals grünen Pass der BRD) „Fremdenpass“. Alle zwei Jahre muss sie ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängern lassen und für Auslandsreisen mühsam Visa beantragen. Erst durch die Ehe mit dem Lektor Jürgen Moeller 1964 erlangt Margarethe von Trotta die deutsche Staatsbürgerschaft.
Nach einem prägendem Parisaufenthalt nimmt von Trotta Anfang der 1960er Jahre Schauspielunterricht in München. Hier lernt sie Volker Schlöndorff kennen, der ihr als Regisseur eine Rolle in Baal (1970) an der Seite von Rainer Werner Fassbinder vermittelt. Insgesamt verkörpert die Blondine ungefähr dreißig Rollen in diversen Filmen. Mit Mitte 30 wechselt sie die Fronten und wird als Regisseurin hinter der Kamera aktiv. Es folgen unermüdlich Produktionen um Produktionen. Nicht umsonst gehört Margarethe von Trotta heute zu den international bekanntesten deutschen Autorenfilmerinnen.

1975 dreht sie erstmals als Co-Regisseurin mit Volker Schlöndorff: Die verlorene Ehre der Katharina Blum, basierend auf Heinrich Bölls Erzählung. 1981 wird ihre Karriere mit der Auszeichnung des Goldenen Löwen gekrönt. Für Die bleierne Zeit geht sie als erste Regisseurin bei den Filmfestspielen von Venedig in die Annalen ein.
Zahlreiche Fotos, Bücher, die sich mit von Trotta auseinandersetzen, Zeitungsartikel, Drehbuchfassungen und Tagebuchseiten geben hier einen facettenreichen Einblick in ihr Leben. Die teils unter Glas ausgestellten Exponate erfordern genaues Hinsehen und manchmal auch eine Lesehilfe.
Von Trotta reflektiert das Wirken einflussreicher Denkerinnen wie Rosa Luxemburg, Hannah Arendt, Hildegard von Bingen und Ingeborg Bachmann. Immer entstehen daraus spannende Filme. Ebenso beleuchtet wird ihre häufige Zusammenarbeit mit Schauspielerinnen wie Angela Winkler, Jutta Lampe, Katja Riemann und Barbara Sukowa, die wiederholt Hauptrollen übernahmen.
In zwei abgedunkelten Sälen kannst Du sieben- bis fünfzehnminütige Filmausschnitte von Das zweite Erwachen der Christa Klages (1978) und hier solltest Du mal den Cast checken (siehe Anmerkung oben), Schwestern oder die Balance des Glücks (1979), Heller Wahn (1983) und Rosa Luxemburg (1986), Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen (2009), Hannah Arendt (2012) und Ingeborg Bachmann (2023) anschauen. Zudem lässt sich einiges über ihr Schaffen in Italien erfahren, denn Ende der 80er verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt nach Rom: Hier entstehen immerhin auch drei Filme!
Die atmosphärisch dichte Ausstellung ist unbedingt einen Besuch wert, bei dem Du allerdings Zeit und die besagte Lesebrille mit im Gepäck haben solltest. Falls Du nun Lust auf die Filme haben solltest, kein Problem; denn eine Werkschau im Kino Babylon sorgt für Unterfütterung.
WO:
Neuer Berliner Kunstverein e.V. – n.b.k.
Chausseestr. 128
Berlin -Mitte
WANN
bis zum 9. November 2025
Dienstag- Sonntag 12 bis 18 Uhr
montags geschlossen
FÜR
Freien Eintritt
Die Ausstellung im n.b.k. wird begleitet von einer Werkschau im Babylon Kino.