Salvador Simó ist eigentlich als erfahrener Animationstechniker bekannt. Nun liefert der 44-jährige Regisseur sein Debüt in 2 D ab. Mit seiner Arbeit heimst er prompt eine Auszeichnung für den besten europäischen Animationsfilm 2019 ein. Er bedient sich auch eines cleveren Schachzugs: Dem Zuschauer wird Kinogeschichte in Trickfilmform präsentiert.
Worum geht es? Salvador Dali und Luis Buñuel sind bekanntermaßen populäre Vertreter des Surrealismus. Gemeinsam schrieben sie „Un chien andalou“ ( Ein andalusischer Hund, 1929) und „L’âge d’or“. (Das goldene Zeitalter, 1930). Buñuels nächster Film „Las Hurdes“ soll nun eine Dokumentation über eine der ärmsten, spanischen Regionen – die Extremadura – sein. Doch er ist pleite …
Fermín Solís, der die Graphic Novel schuf, stammt selbst dorther, möglicherweise gab das Anlass für sein Interesse, vielleicht inspirierten ihn auch die Legenden, die sich um Buñuels damalige Dreharbeiten rankten. „Buñuel – Im Labyrinth der Schildkröten“ ist quasi ein Comicbuch über einen Filmdreh und jetzt ein Zeichentrickfilm auf der Basis ebenjenen Comics. Den Titel trägt der Film übrigens, weil die Dächer der Häuser in Las Hurdes an Schildkröten erinnern.
Buñuels besucht seinen anarchistischen Freund und Bildhauer Ramón Acín und klagt ihm sein illiquides Leid. Dieser kauf ein Los und verspricht im Falle eines Gewinns, seinen nächsten Film zu finanzieren. Unglaublich, aber den Tatsachen entsprechend: Das Glück ist auf ihrer Seite.
Den Ablauf der Dreharbeiten stellt Simó in pastelligen Farben primär als Auseinandersetzung zwischen Acín und Buñuel dar. Gemeinsam mit Kameramann reisen sie in die Dörfer im Landstrich Las Hurdes nahe der portugiesischen Grenze, wo Hunger und Not herrschen. Acín intendiert mit dem Film, die Armut zu zeigen, hoffend, dass dadurch die Bevölkerung Hilfe erfährt. Buñuel gibt sich mit der harten Realität nicht zufrieden. Er inszeniert sie nach, um das Leid der Bauern in Großaufnahme ins Bild setzen zu können- dafür müssen Tiere und Kinder vor der Kamera sterben.
Mit pointierten Darbietungen, die Liebe fürs Detail verraten und perfekt gewählten Gegenschnitten aus Buñuels echter Dokumentation ist so das Porträt eines exzentrischen Künstlers auf der Jagd nach seinen Zielen entstanden, das sich zudem mit den Ängsten seiner Kindheit auseinandersetzt und dessen Begegnung mit der Armut zu einem einschneidenden Erlebnis wird. Im Zuge des spanischen Bürgerkriegs verkörpert der Film auch ein sehr bewegendes Zeitdokument.
Acín überlebte die Franco-Diktatur leider nicht.
KINOS:
B-ware! Ladenkino (Gärtnerstraße 19, Berlin-Friedrichshain)
Mo, 20.1.20 12.45 Uhr
Die, 20.1. 12.45 Uhr
Mi, 22.1., 16 Uhr
Acud (Veteranenstr. 21, Berlin-Mitte)
Mi, 22.1., 22.15 Uhr
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