Der Berliner Schule zugehörige Regisseur Thomas Arslan plante schon vor längerer Zeit eine Trilogie um den einsamen Verbrecher Trojan, inspiriert durch Figuren amerikanischer Pulp Romane wie beispielsweise die von Richard Stark. Arslan nimmt sich gern klassischer Genre an und interpretiert diese Erzählmuster mit seinem persönlichen Blick neu. So auch beim eigenwilligen ersten Teil Im Schatten, der 2010 über die Leinwände flimmerte.
Nun kannst Du das Mittelstück der Trilogie Verbrannte Erde, der in diesem Jahr auf der Berlinale seine Weltpremiere feierte, in den Kinos sehen. Wieder wird Trojan von Mišel Matičević verkörpert, der übrigens gebürtiger Berliner ist.
Zum Plot: Trojan, der gelinde gesagt durch kriminelle Handlungen sein Leben bestreitet, kehrt nach mehr als zehn Jahren in die Stadt, aus der er damals flüchten musste, zurück: Nach Berlin. Er hat kaum noch Kohle, braucht einen neuen Job und will als letzten Rettungsanker seine alten Kontakte aktivieren. Aber Berlin hat sich verändert, die Leute, mit denen er damals zusammenarbeitete, sind ausgestiegen. Irgendwie zieht er sich mit Hilfe von Rebecca, die vermittelt, doch etwas an Land: Er soll ein Gemälde von Caspar-David Friedrich stehlen, das in Wirklichkeit auch existiert und durch sein kleines Format recht handlich ist. Das Folkwangen Museum in Essen, wo das Original hängt, erteilte keine Drehgenehmigung, wie Arslan erzählte. So kam der Crew zupass, dass das Ethnologisches Museum aus Dahlem ins Humboldt-Forum nach Mitte übersiedelte und das alte Depot noch genutzt wurde.
Im Gegensatz zum ersten Teil wird hier Trojan ein Team zur Seite gestellt, mit dem er den Diebstahl rocken soll. Großartig Marie Leuenberger als exzellente Fluchtfahrerin Diana, die ihm durchaus auf Augenhöhe begegnet. Privat erfahren wir von Trojan, der eher ein ruhiger, sachlicher und präziser Typ ist, nicht viel. Außer, das er etwas angeschlagener und erschöpfter ist als noch vor zwölf Jahren, älter halt. Was sich u. a. auch darin auszeichnet, dass er sich gerne in Cash auszahlen lässt, das Analoge liebt. Aber klar, alle digitalen Aktionen hinterlassen Spuren, die keinem Gangster gefallen.
Arslan hat Trojan als Kunstfigur angelegt, der Privates vor anderen verbirgt, um sich so weniger angreifbar zu machen. Er ist kein klassischer Gangster, der im Kontext von organisiertem Verbrechen agiert, sondern als Freelancer, der sonst das Normale lebt, ohne festen Wohnsitz oder Eigentum und Architekturzeitschriften liebt.
Durch die Bilder von Kameramann Rinholf Vorscheider wird eine Welt von Licht und Schatten geschaffen, die düster und cool anmutet. Obwohl es keine schnellen Schnitte gibt und auch nicht so wahnsinnig viel passiert, genießt man den Film hellwach. Dazu kommt, dass mystische, alternative Ecken der Stadt (wie bspw. die neuen Umgehungsstraßen am Südkreuz oder der Nettelbeckplatz), zelebriert werden. Der Soundtrack vom Norweger Ola Fløttum, (der auch schon für Arslans Helle Nächte komponierte) schafft die nötige Suspense.
Auch wenn Du ersten Teil nicht gesehen hast, kannst Du getrost diesem Streifen des inzwischen 62-jährigen Filmemachers folgen. Die 101 Minuten, die Du mit dem melancholischen, stets unter Strom stehendem Held, seinem finsteren Gegenspieler (Alexander Fehling) und äußerst toughen Frauen (Marie Leuenberger und Marie-Lou Sellem) verbringst, vergehen wie im Flug. Und soviel sei verraten: Sie münden in einen furiosen Schluss, der – dem Himmel sei Dank – eine kleine Prise digitaler Bearbeitung erfuhr.
P.S.: Der dritte Teil ist laut Arslan bereits in Arbeit.
ZU SEHEN derzeit in folgenden KINOS (u. a.)
Acud, Veteranenstr. 21, Mitte
Fr, 26.7. + So, 28.7+ So, 4.8., je 20.15 Uhr
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Mi, 7.8.24, 19 Uhr
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Tilsiter-Lichtspiele, Richard-Sorge-Str. 25 A, Friedrichshain
Fr, 26. – Mi, 31.7.24, je 18 Uhr
Sa, 3.8. – Mi, 7.8.24, je 18 Uhr
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Sa, 3.8. – Mi, 7.8.24, je 20:30 Uhr