Collage: Bothmer am Flügel, Stan & Olli (Birgit Meixner/ Deutsche Kinemathek
Foto: Birgit Meixner/Deutsche Kinemathek

Stummfilmfestival – 100 Jahre Nosferatu

Falls Du den wunderbaren Pianisten Stephan Graf von Bothmer noch nicht kennst, bietet sich jetzt die perfekte Gelegenheit dazu. Im Schweiße seines Angesichts und dem der Pandemie hat er ein siebentägiges Event mit dem etwas komplexem Titel 100-Jahre-NOSFERATU-&-StummfilmKonzerte-Festival auf die Beine gestellt, das seit Samstag im ehemaligen, 1929 erbauten Großraumkino Delphi mit Nostalgiecharme läuft.

Du kannst nun jeden Abend eine andere phantastische Interpretation des 50jährigen miterleben. Genial umgesetzt hat er nicht nur die Filme des populären Komiker-Duos Stan & Olli. Auch beispielsweise die Komödie „Der General“, die auf einer wahren Begebenheit basiert, hat Bothmer mit neuer Live-Filmmusik unterlegt. Sie ist mit den surrilsten Einfällen gespickt. Lokomotivführer Johnnie Gray – gespielt von Buster Keaton – versucht, seine von Spionen entführte Lokomotive „General“ und zugleich das Herz seiner Liebsten zurückzuerobern.

Am Samstagnachmittag steht ein wahrer Stummfilm-SLAM auf der Agenda. Hier treten die besten Comedians der Zwanziger Jahre gegeneinander an, zum Leben erweckt durch die gefühlvolle und spannungsreiche Filmmusik Bothmers am Flügel. Die kann auch mal improvisiert ausfallen, aber nicht weniger passend. Das Film-Trio, ähem, Quartett besteht aus: Charlie Chaplin, Harold Lloyd, und selbstredend dürfen die beiden britisch-amerikanischen Slapsticker Stan & Olli auch nicht fehlen. „Ein Uhr nachts„, USA 1916, (OT: „One A.M“.),  „Ein Westernheld aus dem Osten“, USA 1920, (OT: „An Eastern Westerner“) und „Das unfertige Fertighaus„, USA 1928. (OT: „The Finishing Touch“) werden über die Leinwand flimmern und den Abend zu einem höchst amüsanten Ereignis machen, bei dem sich das Zwerchfell einer echter Herausforderung gewiss sein kann.
Am Abend krönt Murnaus „Nosferatu„, der 19922 seine Uraufführung im Berliner Primus-Palast feierte, das Festival. Sage und schreibe hundert Jahre hat die Symphonie des Grauens auf dem Buckel, die als erste Dracula-Adaption in die Filmgeschichte einging und durch ihre poetische Bildsprache mit zu den künstlerisch wertvollsten Filmproduktionen in Deutschland gehörte. Max Schreck in der Verkörperung des Vampirs mit seiner unvergleichlichen stoischen Darstellung und der perfekten segelohrigen, kahlschädligen Todesmaske leistet einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu. Von Bothmer interpretiert den Klassiker wie immer mit eigens komponierter Musik, die fesselt und eine irrsinnige Spannung erzeugt. Dazu erhält er Unterstützung von Sopranistin Fanny Rennert, Kristoff Becker am Cello und Schlagwerker Florian Goltz. Rennert singt sirenengleich als Succubus aus einer Art Käfig, der die sexuellen Assoziationen des Vampir-Films transportiert.
Ein erlebnisreicher Abend mit ungemeinem Nachhall.

Von Bothmers nächste Pläne sind übrigens, den Zoo-Palast gebührend zu bespielen. Und was passt da besser, als den Ruttmann-Klassiker „Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“ aus dem Jahre 1927 zu interpretieren, der einen Tag des turbulenten Lebens unserer Stadt im industriellen Aufschwung dokumentiert.

Und wenn der Pianist, der übrigens auch mal Mathematik studierte, keine Stummfilme aus Archiven holt und dramatisch virtuos dazu neue Filmmusik komponiert, reist er gerade um die Welt.

TERMINE
Mo. 21.03. THE GENERAL Buster Keaton – Komödie – Klavier | 20 Uhr
Di. 22.03. DER LETZTE MANN F. W. Murnau – Drama, Berlin – Klavier | 20 Uhr
Mi. 23.03. MENSCHEN AM SONNTAG Billy Wilder – Berlinfilm – Klavier | 20 Uhr
Do. 24.03. STAN & OLLI Slapstick – Neues Programm mit Stan-Solo-Film – Klavier | 20 Uhr
Fr. 25.03. NOSFERATU mit dem Berliner Live-Filmmusic-Orchestra und Chor | 20 Uhr
Fr. 25.03. BEST OF COMEDY mit Charlie Chaplin, Harold Lloyd und Stan&Olli | 16 Uhr
Sa. 26.03.  BEST OF COMEDY mit Charlie Chaplin, Harold Lloyd und Stan&Olli | 16 Uhr
und NOSFERATU mit dem Berliner Live-Filmmusic-Orchestra und Chor | 20 Uhr

KONZERT-LOCATION
Theater im Delphi
Gustav-Adolf-Straße 2
Berlin-Weißensee

TICKET-PREISE:
12 bis 28 Euro

www.stummfilmkonzerte.de

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