Ausstellungsschild Playtime (Foto: Anne Schüchner, ©Isaac Julien)
Der Aufsteller verweist auf die Julien-Ausstellung im Palais Populaire (Foto Anne Schüchner © Isaac Julien)

Visualisierung des Kapitals

Kapital durchdringt das Dasein der Menschen und beeinflusst genauso ihre gesellschaftliche Stellung. Dennoch entzieht es sich einer konkreten Darstellungsmöglichkeit. Wie kann es trotzdem abgebildet werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Londoner Künstler Isaac Julien. Kapital, das als Geld und Besitz von Privatpersonen wie auch Staaten, aber als auch Häuser, Wertgegenstände, Aktien oder Gold wahrgenommen wird, bildet also den Dreh- und Angelpunkt in Juliens Arbeit Playtime. Der 1960 in London geborene Künstler thematisiert hier die Finanzkrise von 2008 und bedient sich dabei verschiedener Berufsgruppen und Personen, die als Gewinner und Verlierer aus der Krise hervorgehen. Da wären eine philippinische Hausangestellte, die in Dubai schuftet, um ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen; ein Künstler, dessen Traum vom selbst entworfenen Haus zu Grabe getragen werden muss; zwei Hedgefond-Manager, die völlig unbeschadet aus dem Crash hervorgehen, ein Kunsthändler und ein Auktionator, die beide zeigen, wie eng Kunstwelt und Wirtschaft miteinander verquickt sind. Und last but not least eine Journalistin. Die Geschichte beruht auf einer dreijährigen Recherche mit Personen aus dem wahren Leben, die Julien alle persönlich kennt. Sie spielt mit der Authentizität, aber auch mit der Naturgewalt. Deutlich wird das in Szenen, in denen die Zerstörungskräfte der Finanzkrise in von Urkräften der Natur geprägten Landschaften Islands symbolisiert wird. Die sieben Personen öffnen Dir in teils krassen close-ups ihre Gefühlswelten. In einer Art Triptychon – drei aneinander montierte Screens- wirst Du sowohl mit autarker Landschaft, großstädtischem Leben bis hin zu detaillierten Innenausstattungen der Räumlichkeiten konfrontiert. Und das alles in sagenhafter Ästhetik. Der Film verdeutlicht, welche Zusammenhänge zwischen dem Kapital und den Verformungen, die es verursacht, existieren. Dabei spielt Julien auch mit der Prominenz seiner Darsteller, zu sehen sind namhafte Schauspieler wie James Franco und Maggie Cheung als auch der echte Auktionator Simon de Pury.

Natürlich ist nicht ganz frei von Witz, dass diese Kapitalismus-Kritik in der Deutschen Bank präsentiert wird. Julien ist sich natürlich im Klaren, das sich seine Kunst nur mit Kapital produzieren lässt. Für Playtime konnten er und seine Galerie angeblich über eine Million Pfund beschaffen. Dennoch ist der äußerst spannende Versuch, die unsichtbaren Kapitalflüsse verquickt mit Spielszenen der Protagonisten als Visualisierung ebenjenen Kapitals es wert, beachtet zu werden.

Julien studierte übrigens Bildende Kunst und Film an der St. Martin’s School of Art in London. Er beschäftigt sich in seinen Werken mit wichtigen gesellschaftlichen Themen wie beispielsweise Diskriminierung oder Unterdrückung von Menschen wegen ihrer Hautfarbe. Das mag sicher auch daher rühren, dass er selbst farbig ist. 2022 wurde ihm der renommierte Kunst-Preis „Goslaer Kaiserring“ zuteil. Als ob das nicht reichte, schlug ihn Queen Elisabeth II zum Ritter.

AUSSTELLUNG
Außer des Films kannst Du Dich auch an brillanten Fotoaufnahmen der Protagonisten erfreuen
läuft bis 10. Juli 2023

LOCATION
Palais Populaire
Unter den Linden 5, Berlin-Mitte

ÖFFNUNGSZEITEN
Mi-Mo 11-18
Do 11-21 Uhr

EINTRITT
Frei


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