Auf die Idee dieses stimmigen Ausstellungs-Titels kam niemand Geringerer als seine Liebste, die Goethes Faust zurate zieht, wie es Hansgert Lambers im Artist-Talk selbst erzählt.
Diese retrospektive Ausstellung ist ein Geschenk und präsentiert Bilder aus sieben Jahrzehnten, aufgenommen in Barcelona, London, Ostrava, Paris, Prag und selbstverständlich Berlin, sowohl West- als auch Ost. Wenn Du den Namen nicht unbedingt mit Fotografie in Verbindung bringst, kein Wunder. Denn Lambers tat sich hauptsächlich als Verleger hervor. 1986 gründete er den kleinen Verlag ex pose, in dem dann auch ca. 80 Bildbände zeitgenössischer Fotografen erschienen, wovon sich allerdings nur maximal fünf als profitabel erwiesen. In dieser Eigenschaft als Publizist knüpfte der 1937 Geborene eine Reihe von Kontakten, unternahm frühzeitig Reisen in den Ostblock. Und verlegte schließlich den schon im Land bekannten Tschechen Vilém Reichmann, später Sigurd Maschke, den modernen Ägyptenreisenden Amin El Dib bis hin zur allseits verehrten Sybille Bergemann mit “Verwunderte Wirklichkeit“(1992), der momentan auch eine allumfassende Schau in der Berlinischen Galerie Respekt zollt.
Aber nicht nur anderen Fotografen gab er eine Plattform, sondern auch auch sich selbst, der bereits als Jugendlicher zu fotografieren begann, jedoch nie eine akademische Ausbildung genoss. Er zog mit seiner Leica durch Schöneberg, Charlottenburg, Tempelhof, Kreuzberg und fing den Westberliner Alltags in teils verblüffenden, aberwitzigen Situationen ein. Das Foto, auf dem ein Panzer der Alliierten, eskortiert von der Westberliner Polizei am Ernst-Reuter-Platz langbraust, erreichte große Bekanntheit. Wie auch in anderen Aufnahmen von ihm, lohnt immer der zweite Blick: Hier ist es der alte VW-Käfer, der den Panzer schön in die Hardenbergstraße dirigiert, nicht, dass das Kettenfahrzeug plötzlich in Richtung Brandenburger Tor durchbrettert. Lambers gelang der Schnappschuss mit einer kleinen Minolta, aus seinem damaligen Bürofenster bei IMB, seinem Broterwerb. Den wollte er nicht aufgeben, um der Fotografie professionell nachzugehen, denn unter Druck Fotos zu machen, sei nicht seine Art, sondern er wolle stets unverkrampft dabei sein.
Seine hier in drei Räumen ausgestellten Schwarz-Weiß-Arbeiten fesseln den Besucher sowohl durch Lamberts Gespür für Alltagssituationen und seinen Humor als auch den dahinter verborgenen Geschichten. Unsere Phantasie wird aufs Allerbeste angeregt. Mal fühlt man sich in einen Fellini-Film katapultiert, mal wähnt man eine Seelenverwandtschaft mit Cartier-Bresson zu spüren. Seine Motive präsentieren zudem eine Welt, die es weitestgehend so nicht mehr gibt. Das wirkt teils melancholisch, teils amüsant. In jedem Fall ist es ein Genuss, den Spuren des Verfalls, der Architektur oder auch den Licht-und Schattenspielen zu folgen. Man merkt den Fotos die Leidenschaft ihres Urhebers an, der stets eine Neugierde auf den Menschen, insbesondere die Frauen-, auch Modewelt, mitbrachte, eine große Portion Intuition und vor allem: den präzisen Blick.
Das Lebenswerk des großen Fotoliebhabers solltest Du Dir nicht entgehen lassen. Zu verdanken haben wir diese Retrospektive übrigens unter anderem Kurator Matthias Reichelt.
WO?
Haus am Kleistpark, 2. Etage
Grunewaldstr. 6/7
Berlin-Schöneberg
WANN?
Dienstag – Sonntag von 11–18 Uhr
Donnerstag 11-20 Uhr
Bis zum 7. August
WIEVIEL?
Eintritt frei