Galerieleiterin Annette Tietz hat ja schon mit den Künstlerporträts von Roger Melis ein feines Gespür für
eine tolle Performance zum richtigen Zeitpunkt bewiesen. Nun geht es weiter mit einer Ausstellung zum Multitalent Mark Lammert. Als Maler, Zeichner, Bühnenbildner und Grafiker gehört er mit zu den grandiosen Künstlern seiner Generation. Seine Arbeiten beinhalten sowohl politische und historische als auch philosophische Verweise, die durch Reduktion, Collagen oder oder auch Fragmentierungen zu Bildern mit spezieller ästhetischer Wirkung werden.
Die Ausstellung fokussiert auf Lammerts einzigartigem zeichnerischem Werk und stellt dieses in den Bezug von Zeichnungen, die vor und während der Französischen Revolution 1789 und über das 19. Jahrhundert hinaus entstanden sind. Der Clou an der Sache: Diese hat Lammert vor und während der Corana-Pandemie zum größten Teil über ebay ersteigert. Vieles, was er fand, stammt von Druckern, die zur damaligen Zeiten einen besonderen Stand in Frankreich hatten und um Versailles angesiedelt waren.
So entsteht ein Spannungsbogen zwischen originalen Zeichnungen im zeitlichen Umfeld historischer Ereignisse und die Betrachtung aktueller Ereignisse durch das Medium Zeichnung. Du kannst nicht nur ein Porträt vom großen Danton, dessen, wie Lammert zu berichten weiß, Gnubbelnase aus einem Kuhtritt ins Gesicht resultiert, sondern auch eines von Marie-Guillemine Benoist, der Lieblingsschülerin von David, gezeichneten Porträts ihres ungefähr vierjährigen Sohnes bestaunen.
Besonders spannend wirkt eine Gegenüberstellung von Porträts. Links die Lammertschen Kohlezeichnungen der vier Kunstschaffenden: Corneliu Baba (1988), Hanns Schimansky (1989), Stephan Hermlin (1986) und Lis Bertram-Ehmsen (1983). Rechts Bildnisse von Malern wie Jean-Babtiste Isabey, Piere-Paul Proud’hon, John Flaxmann oder das Umfeld von Jean-Etienne Liotard, die alle die Französische Revolution miterlebten.
Lammert, übrigens gebürtiger Berliner, studierte von 1979 bis 1986 an der Kunsthochschule Weißensee Malerei und war von 1989 bis 1992 Meisterschüler an der Akademie der Künste zu Berlin. Für Heiner Müllers Inszenierung Duell-Traktor-Fazer gestaltete er 1993 das Bühnenbild. Seit 2011 arbeitet Mark Lammert als Professor für Malerei und Zeichnung an der UdK Berlin und lehrt seine Studenten mit großer Leidenschaft, einen eigenen Blick zu entwickeln. Da kannst Du Dich nur glücklich schätzen, wenn Du eine Vorlesung bei dem 64-jährigen mit dem unglaublich reichhaltigen Wissen belegen kannst. Lammerts Spezialwissen und seine dezidierte Recherche (zu fast jeder der 93 ausgestellten Papierarbeiten erforschte er Herkunft und historische Zusammenhänge) sind verblüffend.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
LOCATION:
Galerie Pankow, Breite Straße 8, 13187 Berlin
ÖFFNUNGSZEITEN:
Di-Fr 12-20 Uhr, Sa und So 14-20 Uhr
Ausstellungsdauer: 06.11.2024 – 26.01.2025
Führungen: mittwochs, 18 Uhr, am Do., 5.12.24 um 17 Uhr führt Lammert selbst durch die Galerie
Artist-Talk und Katalogpräsentation
Donnerstag, 23.01.2025, 19 Uhr
Kunsthistoriker Matthias Flügge im Gespräch mit Mark Lammert.