Filmstill zu "The_Outrun" - Rona im Fenster, Foto:© Natalie_Seery/STUDIOCANAL

Hol Dir Dein Leben zurück: „The Outrun“

Falls Du The Outrun noch nicht auf der Berlinale 2024, wo er im Panorama Premiere feierte, gesehen hast, kannst Du es jetzt in vielen Kinos der Stadt tun. Nora Fingscheidt, die sich vor sechs Jahren mit Systemsprenger (aka Benni und ihre Wutanfälle vom Feinsten) einen Namen machte, ist hier ein beeindruckendes, neues Werk gelungen, was vor allem der Hauptdarstellerin Saoirse Ronan zu verdanken ist. Aber der Reihe nach: Der Film basiert auf dem autobiografischen Roman von Amy Liptrot, die auf den Orkney Inseln geboren wurde und Drogen, Krisen und Entzug selbst auch durchlebt hat. Das Buch stand wochenlang auf den britischen Bestsellerlisten und wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet.
Fingscheidt erzählt also die Geschichte einer jungen Frau, die schwer alkoholabhängig ist und viele Jahre in London ein wildes, selbstzerstörerisches Leben führte. Nach dieser ausschweifenden Zeit und einem schmerzhaften Absturz kehrt Rona nach mehr als einem Jahrzehnt in ihre Heimat, nordöstlich von Schottland, auf die Orkney Inseln zurück. Sie befragt sich nun selbst und findet nach und nach die Kraft zur Selbstheilung. Der Film nimmt sowohl die Kargheit und die Direktheit der Menschen dort auf als auch die wilde Natur und verbindet nun beides. Wir erleben mit, wie Leiden, aber auch, wie Heilung stattfindet. Für die Regisseurin selbst ist es in erster Linie ein Film über Heilungsprozesse, und wie schwierig die sich gestalten können. Für Leute, die die Krankheit Alkoholismus überwinden und dann damit leben müssen, fängt es nach dem Entzug erst richtig an. Wie man dann im Alltag weiter lebt und lernt, damit klarzukommen und sich dann irgendwann den Sinn des Lebens zurück erkämpft, wollte Fingscheidt zeigen. Und das gelingt ihr in großartigen Bildern dieser phantastischen Landschaft. Rona ist nun nüchtern bei ihren Eltern, zurück an dem Ort, den sie einst verließ, aber sie ist irgendwie auch nicht da, sie hängt irgendwie fest zwischen den Geistern der Vergangenheit, der Sehnsucht nach einem Leben, das sie sich aber zerstört hat, der Ausweglosigkeit in die Zukunft. Und genauso erzählt der Film ihren Geisteszustand. In zweiten Hälfte, wenn Rona zur Ruhe findet, kommt auch die Filmerzählung zur Ruhe. Und plötzlich können wir mit ihr durchatmen.
Gedreht wurde an Originalorten Liptrots, auf der Farm, wo sie aufgewachsen ist, in ihrem Geburtshaus, im Caravan ihres Vaters, in dem kleinen Örtchen Rose-Cottage, ein kleines Häuschen, in dem sie das Buch geschrieben hat – zwei Winter lang in Isolation.
Besonders beeindruckt, wie Saoirse Ronan es schafft, einfach alle Zustände von Rona körperlich zu übersetzen. Man leidet mit ihr mit, wenn sie mit den Dämonen kämpft und Du selbst spürst den Schmerz auch im Kinosessel. Eine irre physische Präsenz, die sie dahinlegt. Und natürlich alles nüchtern gespielt, getrunken wurde am Set kein Schluck. Die durchscheinende Zartheit von Rona hilft zudem zu verstehen, was im Innersten dieser Frau vorgeht. Es ist wunderbar mit anzuschauen, wie sich Rona mit der Landschaft auseinandersetzt, die auch Teil ihrer Identität und Kindheit ist, und man spürt, dass sie etwas zurückgeben will. Nun, erst als als Erwachsene kann sie sich dieser Schönheit öffnen. Das Eintauchen und die Auseinandersetzung mit der raue Insel-Natur ermöglicht ihr die Chance auf ein neues Leben. Ein Film, der zwar vielleicht nicht zwei Stunden Länge gebraucht hätte, aber der unbedingt Mut macht.
Der Titel The Outrun ist übrigens die Bezeichnung von einem kleinen Außenfeld der Farm, wo Amy aufwuchs, und wo sie oft saß und aufs Meer schaute.

ZU SEHEN in folgenden Kinos:
B-ware! Ladenkino
Gärtnerstraße 19, Friedrichshain
Mo, 13.01 – Mi, 15.01.25, je 16.15 Uhr

Bundesplatz-Kino
Bundesplatz 14, Wilmersdorf
So, 12.01.25 20.30 Uhr (OmU)

Casablanca
Friedenstraße 12, Treptow
Di, 14.01.25 18 Uhr

Delphi LUX
Yva-Bogen/Kantstraße 10, Charlottenburg
Mo, 13.01. und Mi, 15.01.25 je 15.15 Uhr + 18.15 Uhr
Di, 14.01.25, 18.15 Uhr

Kino im Kulturhaus Spandau
Mauerstraße 6, 13597 Berlin
Mo, 13.01. – Mi, 15.01.25, je 18 Uhr

Kino in der Brotfabrik
Caligaripl. 1, Berlin Weißensee
So, 12.01. – Mi, 15.01.25, je 20.30 Uhr

Kino in der KulturBrauerei
Schönhauser Allee 36, Prenzlauer Berg
So. 13.01.25, 19.55 Uhr
Mo, 13.01.25, 19.55 + 20.10 Uhr
Di, 14.01.25, 19.55 Uhr
Mi, 15.01.25, 20.40 Uhr

Moviemento
Kottbusser Damm 22, Kreuzberg
Mo, 13.01.25, 18 Uhr
Di, 14.01.25, 17.45 Uhr

Passage
Karl-Marx-Straße 131, Neukölln
Mo, 13.01 – Mi, 15.01.25, je 18.20 + 21 Uhr

Sputnik Südstern
Hasenheide 54, Kreuzberg
Mo, 13.01. + Di, 14.01.25, 17 Uhr
Mi, 15.01.25, 18.45 Uhr

Zeiss-Großplanetarium
Prenzlauer Allee 80, Prenzlauer Berg
Mi, 15.01.25, 20.30 Uhr

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