Collage Freiluftkino am Kulturforum/Filmstill '#Female Pleasure' (Foto: Anne Schüchner/Philip Delaquis)
Collage Freiluftkino am Kulturforum/Filmstill '#Female Pleasure' (Foto: Anne Schüchner/Philip Delaquis)

Open air: #Female Pleasure

Barbara Miller legt einen Dokumentarfilm über mutige und kluge Frauen vor, der bewegt. Die Schweizerin hat nicht nur Regie geführt, sondern auch das Drehbuch geschrieben. „#Female Pleasure“ zeigt in fesselnden Bildern, wie grenzüberschreitend noch heute die Mechanismen sind, die die Situation der Frau in der Gesellschaft bis ins 21. Jahrhundert hinein bestimmen. Eigentlich nichts wirklich Unbekanntes, von Genitalverstümmlung berichtete Waris Dirie bereits 2007 in ihrem Wüstenblumen-Buch. Und Anna Magdalena Bach wurde beispielsweise die Fähigkeit, selbst zu komponieren, abgesprochen, weil sie eine Frau war. Dennoch entfalten die Filmbilder im Zusammenspiel eine deprimierende Kraft.

Am Beispiel von fünf Frauen wird gezeigt, wie die Weltreligionen –  jede auf ihre Art auch eine Ideologie –  zur Unterdrückung der Frau beitragen. Und wie tief die Dämonisierung des weiblichen Körpers in den Religionen verankert ist. Miller  gibt ihren Protagonistinnen Zeit, ihre Geschichte zu erzählen und begleitet sie über einen auffallend langen Zeitraum.

Da ist  zunächst die japanische Künstlerin Rokudenashiko, die ein Paddelboot in Form ihrer Vulva, von der sie einen Abdruck herstellt, baut. Damit macht sie sich strafbar, für ihren Kampf gegen die Verteufelung der weiblichen Lust riskiert sie sogar zwei Jahre Knast. Für die buddhistische Inselnation, wo der Penis als Fruchtbarkeitssymbol mit großem Bohai gefeiert wird, stellt die weibliche Vulva noch immer ein Tabuthema dar.
Der anklangende Umstand wirkt umso absurder, da Japan sich sonst als Land der freizügigen Mangacomics versteht. Vithika Yadav leitet das Onlineportal Love Matters in Indien. Mit ihrer Platform setzt sie sich gegen Unwissenheit in dem hinduistischen Land ein, männliche als auch weibliche Mitarbeiten klären zu Fragen rund um Sexualität auf. Oder die ehemalige katholische Ordensfrau Doris Wagner, mehrfach von einem Priester missbraucht, findet aus ihrem Nonnendasein in normale Leben. Die heutige Schriftstellerin Deborah Feldmann stammt aus einer ultraorthodoxen jüdischen Familie und musste mit 17 Jahren jemanden Unbekannten ehelichen. Am drastischsten hat es wohl Leyla Hussein getroffen. Die gebürtige Somalierin erlebte selbt eine Genitalbeschneidung und zieht los, um aufzukären und zu kämpfen. Die Gewalt beenden, mit Riten brechen, das geht nur gemeinsam mit den Männern. Zum Beispiel durch exemplarischen Anschauungsunterricht. Aktivistin Hussein führt jungen Muslimen eine Genitalverstümmelung an einer Plastilinvulva vor. Das  ist megakrass, aber wirkungsvoll.

Alle Protagonistinnen brechen ihre bisherigen Konventionen, teilen sich mit und zeigen, wie man es mit außerordentlicher Courage und Lebensfreude schafft, dass Strukturen aufbrechen und sich verändern können. Ihre Geschichten machen betroffen, aber auch Mut.

Millers gut hundertminutenlange Dokumentation zeigt deutlich, was sich ändern lässt. Anschauen sollten sie sich möglichst viele Menschen, vor allem Männer. Auch wenn am Ende klar rüber kommt, dass der Weg bis zur vollens selbstbestimmten weiblichen Sexualität, solange der Frauenkörper außschließlich als Sexualobjekt für die Befriedigung der Lust der Männer dient,  noch ein verdammt langer sein wird.

Wer sich weitergehend mit dem Thema auf durchaus witzige Weise beschäftigen will, dem sei unbedingt das Buch der schwedischen Comiczeichnerin Liv Strömquist empfohlen. In „Der Ursprung der Welt“ veranschaulicht sie beispielsweise sehr humorvoll, welche Männer sich zu sehr für das weibliche Geschlechtsorgan interessieren.

WO?
ARTE SOMMERKINO Kulturforum
Matthäikirchplatz 4/6
10785 Berlin-Tiergarten

WANN?
Mo, 12.8.19, 21 Uhr

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