Du kannst weder mit dem Sinema Transtopia noch mit dem Namen Ernest Cole etwas anfangen? Dann auf zu neuen Ufern! Can Sungu, ursprünglich aus Istanbul, kam zum Studieren an die UdK nach Berlin. Seiner Idee haben wir das Sinema Transtopia zu verdanken, dessen zweiter Teil Transtopia sich (nach Migrationsforscher Erol Yildiz) ableitet von Räumen, in denen grenzüberschreitende Verbindungen zusammenlaufen und neue Interpretation finden. So gedacht und konzipiert ist also das Kulturgebäude, das sich nun im zentralen Wedding in einer ehemaligen Metallwerkstatt findet. Sechs bis sieben Vorstellungen pro Woche hat sich das Multikulti-Team auf die Agenda gesetzt: Von arabisch, asiatisch lateinamerikanisch werden ungewöhnliche Filme geboten, im Anschluss diskutieren oft geladene Gäste mit dem Publikum. Zudem werden Workshops, Lesungen oder Karaoke organisiert. Freitag- und Samstagabend ab 18 Uhr kannst Du kleine Gerichte auf Meze-Tellern probieren und Dich mit anderen Besuchern austauschen.

Ans Herz legen will ich Dir die Doku Ernest Cole: Lost and Found. Regisseur Raoul Peck skizziert hier größtenteils in Schwarzweiß das Leben des südafrikanischen Fotografen.1940 erblickt Ernest Levi Tsoloane in der Nähe Pretorias das Licht der Welt. Bereits als 18-jähriger wird er Assistent des deutschen, in SA lebenden Fotografen Jürgen Schadebergs. Inspiriert von Cartier-Bressons „The People of Moscow“ versucht Cole, es dem großen Franzosen gleich zu machen und dokumentiert seinen südafrikanischen Alltag: Polizeikontrollen, Schilder, die das Machtgefälle demonstrieren, Ausbeutung im Job, klare Rassentrennung zwischen Farbigen und Weißen. Er emigriert 1966 in die USA. Dort wird er ausschließlich auf das Abbilden von ’schwarzem Leben‘ reduziert. Er muss feststellen, dass dieses Fotografiren nicht viel mit seiner eigenen Lebensrealität zu tun hat.
Sein Bildband „House of Bondage“, der ein Jahr später erscheint, eröffnet einen anderen Blick auf Südafrikas Apartheid und deren Brutalität. Das Buch wird dort sofort verboten. Cole erlangt zwar nun im Ausland als Fotograf Bekanntheit, wird aber auch zu einem Leben im Exil verdammt. Als quasi Heimatloser versucht der Künstler sein Glück in Schweden, Großbritannien, Dänemark und kehrt schließlich nach New York zurück. Weil er aber nicht nur Chronist von Elend und Ungerechtigkeit sein will, hadert er im tiefsten Inneren mit sich selbst. Depressionen, Heimweh und möglicher Drogenkonsum führen dazu, dass er gar nicht mehr fotografiert und obdachlos wird. Die ganze Tragödie kulminiert 1990, als Cole in New York an Krebs stirbt und Nelson Mandela aus der Haft entlassen wird.
Im Film kommt unter anderem Coles Neffe Leslie Matlaisane zu Wort und ergänzt Segmente, die die Texte des auch schreibenden Fotografen nur vermuten lassen. Am Ende wird die Doku vom Kampf mit dem Leben und seiner Berufung fast noch zum Thriller, als sich entpuppt, dass Coles verloren gegangene Negative und Fotos wieder in einem Bankschließfach in Schweden auftauchen, mysteriös und sensationell zugleich.
TERMIN:
Fr., 30. Mi, 20.30 Uhr
LOCATION:
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, Berlin-Wedding
EINTRITT:
9 Euro