In den malerischen Bergen des Adjara Gebirges verbindet eine Seilbahn ein Dorf mit einem Ort im Tal. Iva, aus der Stadt zur Beerdigung ihres Vaters (der auch ihr Opa sein könnte) angereist, ist gekommen, um zu bleiben. Da ihr wundersamer Weise als einzige von drei Bewerber*innen die Schaffnerkostümjacke passt, kriegt sie den Job und übernimmt die Abfertigung vor den Gondeln. Nino, die eigentlich von einer Karriere als Stewardess träumt, arbeitet schon länger als Schaffnerin der anderen Gondel. Alle halbe Stunde treffen sich die Gondeln in der Mitte, mal transportieren sie Federvieh, mal eine Kuh, Schulkinder oder eben auch einen Sarg. Die jungen, aneinander vorbeigleitenden Frauen begegnen sich zunächst neugierig kollegial, doch gesellt sich bald Freude, Lust und Aufregung dazu.
Musik und Einfallsreichtum erinnern stark an Amelie, sicher stand der französische Streifen hier Pate. Iva und Nino entdecken jedenfalls ihren Schöpfergeist, um einander zu imponieren und lassen das Publikum daran teilhaben. Die Gondeln werden zum Flugzeug, Überseedampfer oder auch zur Rakete, es werden Lieder komponiert, der Chef ausgetrickst und Glasrändern Geräusche entlockt. In die wunderschöne Kulisse zaubert Helmer eine Liebeskomödie, die mit ihren fast surrealen Bildern einem Märchen gleicht. Dass der Film ganz ohne Worte auskommt, funktioniert durch subtile Körpersprache erstaunlich gut. Einzig kritisch sei vielleicht das Overdressing und Make-up der Schaffnerinnen anzumerken, für ein Dorf im Kaukasus sind die beiden extrem urban gekleidet und geschminkt. Als Schneeweißchen und Rosenrot in ebenjenen Kleidern zelebrieren sie in der Gondel ein Abendessen, das furios endet. Mehr soll nicht gespoilert werden.
Zum Making-of verriet der Regisseur Veit Helmer noch einige interessante Aspekte. Die Seilbahn in Tago, in den 70er Jahren erbaut, war ein echtes Fundstück. In Wirklichkeit besteht sie aber nur aus einer Gondel. Sein Kameramann simulierte nun mit einer Drohne die zweite Kabine, drehte vor grünem Vorhang und kopierte dies dann in den Film. So sieht der Zuschauer täuschend echt zwei Linien und Gondeln über die Leinwand schnurren. Helmers Liebe zum Kino, das Geschichten mit Bildern und Tönen erzählt, gab den Ausschlag für einen Film ohne Dialoge. Zudem bietet sich so die Chance, mit Schauspielern aus verschiedenen Ländern zu drehen. Last but not least wird man mit solchen Arbeiten häufiger auf Festivals eingeladen, da die Sprachbarriere wegfällt. So bildete Gondola auch den Abschluss eines Filmfestivals in Tiflis. Die queere Story war übrigens nicht von Anbeginn konzipiert, sondern ergab sich ob des großartigen Castings. Helmer schrieb die Geschichte einfach spontan um.
Der Crew mit ihren nur sieben Leuten ist ein Film gelungen, der Lust auf das Land und Leute macht. Wer mag, kann direkt hinfahren und vorort übernachten.
Eckdaten:
Deutschland, Georgien (2023), 83 min
Besetzung:
Mathilde Irrmann als Iva
Nino Soselia als Nino
ZU SEHEN
Tilsiter-Lichtspiele, Richard-Sorge-Str. 25 a (Friedrichshain)
Do, 4.4.24 – Mi, 10.4.24, jeweils 18.20 Uhr
Krokodil, Greifenhagener Str. 32 (Prenzlauer Berg)
Sa, 6.4.24 – Mo, 8.4.24, jeweils 17.15 Uhr
Cosima, Sieglindestr. 10 (Tempelfhof-Schöneberg, U/ S Bundesplatz)
Di, 9.4.24, 18 Uhr