Akademie der Künste mit Ramona-Poster von Helga Paris (Foto: Anne Schüchner)

Retrospektive: Helga Paris

Ja, es war gelinde gesagt rappelvoll, zur Eröffnung der neuen Fotoausstellung von Helga Paris. Aber jeder wollte sie sehen, die Grande Dame der Schwarz-Weiß-Porträts. Und natürlich ihre wunderbaren Aufnahmen.

Die 1938 im damaligen Pommern, heute Polen, Geborene studiert übrigens zunächst Modegestaltung an der Ingenieurschule Berlin. Ansonsten erkor sie sich die Kunst zu ihrem Steckenfperd und heiratete 1961 den Maler Ronald Paris, von dem sie den schönen Nachnamen erbte.

Erst nach der Geburt ihrer Kinder Jenny, heute Schmuckdesignerin und Robert, der selber Fotograf wurde, Mitte der 60er Jahre, wand sie sich der Fotografie zu, die sie sich autodikatisch aneignete. Schon damals zieht sie in die Winsstraße im Prenzlauer Berg, wo sie auch in der Nachbarschaft ihre Motive rekrutiert: in Wohnungen, Kneipen, Werkhallen, auf Straßen, in Bahnhöfen.

Aus der Serie Selbstportäts 1981-1989 (Foto: AS/Helga Paris)

Über viereinhalb Jahrzehnte entwickelt die Hannah-Höch-Preis-Trägerin ein umfangreiches, ausdrucksstarkes Werk.

Sie tritt allerdings nicht ausschließlich als Chronistin des Berliner Arbeiterbezirks auf. Sie Fotografiert auch in Moskau, Georgien, Siebenbürgen oder New York. Anfang der 80er Jahre skizziert sie im Licht des Leipziger Hauptbahnhofs die Vielfalt des Landlebens in der DDR. In der Industriestadt Halle, in der es, wenn der Wind günstig stand, immer etwas stank (Leuna und Buna lassen grüßen), fängt sie heruntergekommene Häuser und ihre Bewohner ein.

Das Bezeichnende ihrer Bilderwelt ist der Verzicht auf jegliche Ideologisierung. Immer ist der Blick der zweifachen Mutter empathisch, nie voyeristisch oder anklagend. Und natürlich meistensteils sehr persönlich.

Die Akademie ist mit dieser Ausstellung Helga Paris, Fotografin ein großer Wurf gelungen. Passend zum Mauerfalljubiläum werden Dir 275 Fotografien aus dem Zeitraum von 1968 bis 2011 zuteil, die umfangreichste Schau und eine wunderbare Ehrung einer wunderbaren Fotografin.

Helga Paris in ihrer Wohung beim Arbeiten, Im Kreise ihrer Familie (v.o.n.u.), Fotocollage: AS/Misselwitz
Helga Paris in ihrer Wohung beim Arbeiten, Im Kreise ihrer Familie (v.o.n.u.), Fotocollage: AS/Misselwitz

Helke Misselwitz hat eigens für die Präsenentation ein Dokumentarfilmtryptichon realisiert. Hier ist zu sehen, wie sich Leben und Werk Helga Paris‘ miteinander verquicken: Von der Kindheit in Zossen mit Angst vor den Russen bis hin in die Gegenwart, wo sie im Kreise der Familie vergangenes Jahr ihren 80. Geburtstag feiert.

ORT:
Akademie der Künste
Pariser Platz
Berlin-Mitte

ZEIT:
8.11.19- 12.1.2020
Dienstag bis So 11-19 Uhr

EINTRITT:
6,-/erm. 4,- Euro

FÜHRUNGEN:
mtitwochs 17 Uhr
sonntags 12 Uhr

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