Wenn Du den aktuellen Film von Maria Schrader auf der diesjährigen Berlinale – die stattliche 71. Ausgabe – verpasst haben solltest, gar nicht schlimm. Die Komödie läuft seit einigen Wochen auch im Kino. Und noch besser: Sie ist demnächst auch im Fernsehen und ab heutigem Mittwoch online zu sehen. Also gibt es keine Ausrede mehr, den Film nicht anzuschauen. Denn das kleine Meisterwerk solltest Du nicht verpassen. Zum Plot: Eigentlich handelt es sich um eine Liebesgeschichte zwischen Alma und Tom. Sie ist Wissenschaftlerin, arbeitet im Pergamonmuseum als Keilschriftexpertin und ist kurz davor, mit einer Publikation an die Öffentlichkeit zu gehen. Und wie so oft der Fall ist das Geld knapp, Forschungen kosten. Finanzielle Unterstützung erhält sie als Teilnehmerin einer Studie über künstliche Intelligenz, in dem sie drei Wochen lang einen Androiden in ihrer Berliner Wohnung testet. Begeistert ist Alma von dem Experiment nicht, aber sie will vorwärts kommen. Der sexy Roboter Tom ist schließlich auf all ihre Bedürfnisse programmiert und wird vom smarten Dan Stevens verkörpert. Sandra Hüller tritt als Vermittlungsperson auf und gibt bei ihrem ersten Rendezvous die Anstandssame. Alma, zunächst mit Ironie und Skepsis erfüllt, plumpsen doch aus Toms Mund so Plattitüden wie ‚Deine Augen sind wie zwei Bergseen‘, allmählich auf einen Nervenzusammenbruch zusteuert und fast hinschmeißen will, durchläuft eine erstaunliche Wandlung der Gefühle. Sie wird sich wundern, vor allem über sich selbst. Tom gibt den gut vernetzten Alleskönner, er ist nicht berechenbar. Aber auch extrem nützlich, was Almas Forschungsarbeit anbelangt. Zuviel soll hier nicht gespoilert werden, nur soviel: Er hebt quasi ihr Leben aus den Angeln, nichts ist wie zuvor.
Schrader gelingen immer wieder witzige Szenen, beispielsweise, wenn Alma sturzbetrunken versucht, Tom als Sexualobjekt zu benutzen. Oder wenn Tom mitten im Wald plötzlich im Kreis eines Rehrudels steht. Und auch, wenn er sich mit der Floskel ‚Alles Klärchen‘ verabschiedet, als er Alma zur Arbeit bringt, weil er es für einen netten Gruß hält. Die Regisseurin dreht in ihrer Komödie auf eine frische und dennoch tiefgründige Art die Konventionen einfach um. Geschichten und Gefühle werden auf unterhaltsame Weise synthetisiert, und diese story verdeutlicht einmal mehr, dass Glück im Kopf entstehen kann.
Der Film hat im Oktober übrigens die wichtigsten Auszeichnungen beim Deutschen Filmpreis (bester Spielfilm, beste Regie, bestes Drehbuch) abgeräumt. Bereits im Februar erhielt Maren Eggert den Silbernen Bären für ihre Rolle als schnell genervte, sinnsuchende Karrieristin. Aber auch der Brite Dan Stevens gibt seinen Roboter sensationell. Allein der Darsteller wegen lohnt die dritte Regiearbeit Schraders unbedingt, und keine der 105 Minuten langweilen.
WANN?
Sa, 10.12.22, 20.15 Uhr
WO?
im NDR
und auch in der Mediathek