Meisterhäuser Dessau,1927 (Foto: Lucia Moholy)
Meisterhäuser Dessau, 1927 (©Lucia Moholy)

Mehr als nur Ehefrau von Moholy-Nagy

Das Bröhan Museum huldigt nun in einer umfassend und sehr schön kuratierten Ausstellung dem Multitalent
Lucia Moholny (1894–1989). Dir ist sicherlich vor allem ihr Ehemann und Künstler ein Begriff, aber diesem stand sie nicht minder nach. In ungefähr 100 hier präsentierten Arbeiten von privaten und öffentlichen Leihgebern als auch ausgewählten Objekte aus der Bauhaus-Zeit, die sie als dokumentarisch arbeitende Fotografin zeigt, wird deutlich, dass sie mit ihrem handwerklich brilliantem, eigenem Stil das Bauhaus enorm prägte.

1923, bereits verheiratet, kam sie ans Bauhaus, an dessen Spitze Gropius als Nachfolger von Itten berufen war.
Auch Moholy-Nagy war hier als Lehrender tätig. Sie bezog mit ihrem Mann eines der vier Meisterhäuser, das sie mit Lyonel Feiniger und seiner Frau teilte. Obwohl Gropius sie offiziell nicht anstellte und bezahlte, verdingte sie sich als ausgebildete Fotografin außerordentlich und setzte die Bauhausbauten aus viel Glas und Stahlbeton gekonnt in Szene. Diagonalen auf den Bildern sorgen für eine spannende Dynamik, die Fotos wirken oft wie konstruktivistische Gemälde. Mit ihren Fotografien leistet sie einen immensen Beitrag dazu, das Bauhaus bekannt zu machen und auch das Erbe des Bauhauses zu unterfüttern, da es ja erst nach der Zeit seines Bestehens zum Mythos wurde. Durch ihre Arbeit wurden die künstlerischen Ideen und Inhalte der Hochschule einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Fotos von Produktdesign, wo sie Objekte aus der Metallwerkstatt, Tischlerei betont klar und reduziert ablichtet, stehen im zweiten Ausstellungsraum im Fokus. Besonders überzeugt das Foto des berühmten Stahlrohrhockers B 9 von Marcel Breuer, kontrastreich und geometrisch umgesetzt. Oder das mit der Plattenkamera auf Stativ aufgommene, große Bild der Wagenfeld Wandlampe mit beweglichen Arm. Auch Porträtserien von Bauhaus-Lehrern und Freunden sind in ihrem Portfolio. Bei genauer Betrachtung kannst Du Kandinsky und Klee in ihren Ateliers bzw. Wohnzimmern entdecken.
Im hinteren Raum sind Fotos von Vorkursarbeiten, die die Bauhauslehrer mit ihren Studierenden durchführten,
zu sehen. Da diese Objekte nicht mehr existieren, kommt Moholys Fotos eine noch wichtigere Bedeutung bei, und sie belegen, wie experimentierfreudig der Unterricht damals gestaltet war.

1929 trennt sie sich von László Moholy-Nagy, flüchtet nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten über Paris und Prag nach London, wo sie Fuß fassen konnte. Die Gesamtheit ihrer Glasnegative hinterlässt sie bei ihrem Ex-Mann, der sie an Gropius weitergab. Das Dilemma: In zeitgenössischen Publikationen wurden ihre Aufnahmen oft ohne ihren Namen publiziert. Nach der Schließung des Bauhauses wurde sie fast durchweg nicht mehr benannt: Und so erhielt sie keinen müden Cent für ihre Arbeiten, die jedoch überall veröffentlicht wurden.

Nach dem Krieg gab es bei der nun inzwischen als Publizistin Arbeitenden viele Anfragen, Vorträge über das Bauhaus zu halten, um sich klar zu werden, dass sie ja gar nicht im Besitz ihrer Negative war. Nun beginnt ein unrümliches Kapitel, das im letzten Raum der Schau eindrücklich zusammengefasst wird: Ein jahrelang andauernder Briefwechsel mit Gropius – der nach Amerika emigriert war – und ihre Suche nach ihren Glasnegativen. Der ehemalige Bauhaus-Direktor verweigerte ihr die Herausgabe. Erst, nachdem Moholy drei Jahre lang geklagt hatte, kam es zum Erfolg, und von 560 erhielt sie 230 Negative zurück.

Die wunderbare Fotografin der deutschen Moderne, wurde 95 Jahre alt und soll mit der Ausstellung Lucia Moholy – Das Bild der Moderne die ihr längst zustehende Sichtbarkeit zurückerhalten. Du kannst bis Januar mit dafür sorgen.

ZU SEHEN
Bröhan Museum, Schlossstr. 1a, Berlin-Charlottenburg

ÖFFNUNGSZEIT
Die -So 10 bis 18 Uhr und an allen Feiertagen
24. und 31.12. 2022 geschlossen
1. Januar 2023 12-18 Uhr

LAUFZEIT
Bis 22. Januar 2023

EINTRITT
8 EUR, ermäßigt 5 EUR
Jeden ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert