Eingang vom Kino Babylon, Foto: AS

Verwundert, verwirrt, verstört

Ging es Dir auch so, nachdem Du einen Lynch Film gesehen hast? Aber vielleicht musst Du die Klassiker einfach mehrmals anschauen, damit sich der Sinn erschließt. Der große Meister des Rätselhaften hat sich nun leider am 15. Januar im Alter von fast 79 von uns verabschiedet. Das nimmt das Babylon zum Anlass, zu einer umfassende Hommage einzuladen. David Lynch, der in den 60er Jahren ursprünglich Kunst in Philadelphia studierte, arbeitete auch lange als Maler. In Weiterentwicklung seiner Arbeit dreht das absoluten Multitalent später erste Animationskurzfilme.
Mitte der 70er Jahre folgt sein erster Spielfilm Eraserhead mit beklemmender Inneneinrichtung, bewohnt von Henry und Frau Mary, deren Kind sich als bizarre Kreatur entpuppt.
Sein filmischen Durchbruch gelingt Lynch 1980 mit Der Elefantenmensch. Im viktorianischen England des späten 19. Jahrhunderts tauchst Du in düstere Industriekulissen. Der Elefantenmensch versteckt sich diffus im Dunkeln hinter einem Vorhang, und Anthony Hopkins vergießt bei seinem Anblick einer der schönsten Tränen der Filmgeschichte.
1986 folgt einer seiner größten Filme: Blue Velvet. Er spielt in einer scheinbar friedlichen Kleinstadt. Die Entdeckungen sind Laura Dern und Isabella Rossellini. Erzählt wird die Geschichte des Studenten Jeffrey, der in Lumberton mit Gewalt, Korruption und bedenklichen Sexualpraktiken und einem abgeschnittenen Ohr konfrontiert wird. Denis Hopper brilliert als Bösewicht. Inspiration holte sich Lynch bei dem Song „Blue Velvet“ von Bobby Vinton, der 1964 herauskam.
1990 folgt Wild at Heart mit Laura Dern und Nicolas Cage als unvergessliches Liebespaar. Mit einer zudringlichen Schwiegermutter, einem drastischem Willam Dafoe und der energiegeladenen Musik der Speed-Metal-Band Powermad bis ans Ende der Nacht.
Ebenfalls Anfang der 90er entsteht Lynchs Meisterwerk Twin Peaks für den Sender ABC um den rätselhaften Mord an Laura Palmer. Als Fortsetzung der Serie dreht Lynch 1992 den Kinofilm Twin Peaks, wo man einige Figuren der Serie wiedersieht, aber auch auf neue – wie Phillip Jeffries alias David Bowie – trifft.
Seinen siebten Spielfilm Lost Highway schafft Lynch 1996. Hauptdarsteller sind eine Gegensprechanlage, eine VHS, Bill Pullman auf dem Sofa, Balthazar Getty auf der Liege, Robert Blake als äußerst clownesker Spaßvogel und eine brillante Patricia Arquette, die eine Doppelrolle belegt.
Ende der 90er dreht der US-Amerikaner Eine wahre Geschichte, diesmal in sehr gemächlichem Tempo. Der Film beginnt mit einem Unfall im Off. Wenig später macht sich ein Mann per Rasenmäher auf den Weg zu seinem Bruder ans andere Ende der USA. Lynch gelingt auch hier ein Mix aus Poesie und schrägem Humor.
Anfang der 2000er Jahre entsteht Mullholland Drive, was ursprünglich als Fernsehserie konzipiert war und dann doch zum Spielfilm wird. Du siehst die zauberhaften Damen Naomi Watts und Laura Haring mit Identitätsproblemen im Spiegel, untermalt von einem der schönsten Soundtracks von Angelo Badalamenti. Filmmusik spielt in so gut wie allen seiner Werke eine essentielle Rolle.
Als ob das nicht reichte, produziert Lynch Filme u. a. für Werner Herzog, nimmt eine neue Platte auf, gestaltet die Inneneinrichtung des Clubs Silencio in Paris. Die Fondation Cartier zeigt 2007 seine Retroausstellung, die seine lebensgroßen Gemälde bekannt macht. Der inzwischen 61-jährige setzt einen Trickfilmclip für Moby, einen Werbekurzfilm mit Marion Cotillard und einer blauen Rose um. 2006 entsteht Inland Empire mit Laura Dern. Und im Mai 2017 kommt die langersehnte Fortsetzung, die dritte Staffel von Twin Peaks heraus. Nun bietet sich Dir die Chance, die meisten seiner Werke nochmal mit neuem Blick anzuschauen und das Kino eventuell ein bisschen schlauer zu verlassen.

ZU SEHEN IM:
Kino BABYLON
Rosa-Luxemburg-Str. 30, Berlin Mitte

FILM-SCREENINGS, alle in OmU
Eraserhead
Mo, 27.01. 22.15 Uhr
Mi, 29.01. 21.45 Uhr
Do, 30.01. 17.45 Uhr

The Elephant Man
Mi, 29.01. 17,30 Uhr
Mi, 05.02. 17.00 Uhr
Do, 13.02. 17.00 Uhr

Blue Velvet
Mo, 27.01. 20 Uhr
Di, 28.01. 22.15 Uhr
Mi, 29.01. 22.30 Uhr
Fr, 31.01. 21.45 Uhr
Mo, 03.02. und Di, 04.02.je 22 Uhr
Di, 11.02. 19.30 Uhr
Mi, 12.02. 22.15 Uhr
So, 16.02. 14.15 Uhr
Mi, 19.02. 22.00 Uhr

Wild at Heart
Mo, 27.01. und Mi, 29.01., je 20 Uhr
Do, 30.01. 22 Uhr
Di, 04.02. 19.30 Uhr
Mi, 05.02. 22 Uhr
Di, 11.02. 22.45 Uhr
Mi, 12.02. 17.00 Uhr
Di, 18.02. 22.15 Uhr

Twin Peaks: Fire Walk with Me
Mo, 27.01. 22.15 Uhr
Di, 28.01. 17Uhr
Mi, 29.01. 22.30 Uhr
Do, 30.01. 19.30 Uhr
Sa, 01.02. 21.45 Uhr
Mo, 03.02. 22 Uhr
Di, 11.02. 17.30 Uhr
Mi, 12.02. 17.30 Uhr
Mo, 17.02. 21:45 Uhr

Lost Highway
Mi, 29.01. 17.30 Uhr
Fr, 31.01. 21.45 Uhr
Mi, 05.02. 19.30 Uhr
Mo, 10.02. 22.15 Uhr
Mi, 12.02. 20.00 Uhr
Do, 13.02. 22.15 Uhr
Di, 18.02. 22.30 Uhr

The Straight Story
Di, 28.01. 18 Uhr
Do, 30.01. 17.30 Uhr

Mulholland Drive
Di, 28.01. 21.15 Uhr
Do, 30.01. 22.15 Uhr
Mo, 03.02. 19.30 Uhr

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