Reinbeckhalle in Schöneweide (Foto: Anne Schüchner)

Ausflug zu Sibylle B.

Momentan gibt es drei Ausstellungen, die an die 2010 verstorbene, großartige Bildkompositeurin Sibylle Bergermann erinnern. Aber dieses Denkmal, was sich die Künstlerin auch selbst setzt, dürfte in seiner Form das umfassendste sein. Auch lohnt es einmal mehr, die Reise nach Schöneweide anzutreten und damit den Reinbeckhallen einen Besuch abzustatten. Dieses Areal wird mit aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr allzulange in seiner Jetztform existieren. Das einstige Industriegebiet hat sich nach der Wende in eine Atelier- und Künsterloase gewandelt, direkt am Spreeufer angesiedelt. Ein Blick aufs Wasser ist bisher noch immer teuer bezahlt worden. Die Tage dieses Kleinods sind ganz sicher gezählt.

Aber jetzt geht es um Sibylle. Sie hätte im August letzten Jahres ihren 75. Geburtstag gefeiert, und anlässlich der stolzen Zahl wurde jene Werkschau konzipiert.

Der Ausstellungstitel „Bonjour, ihr süßen Zaubermäuse“ führt allerdings leicht in die Irre, denn weder eine Auswahl ihrer Pariser Arbeiten noch geballte Kindermotive werden hier präsentiert.

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Vielmehr geht es beispielsweise um die Dokumentaion des majestätisch sitzenden Marx‘ und den stämmig stehenden Engel, kreeiert durch Bildhauer Ludwig Erhardts dessen Schaffen Bergemann über zehn Jahre begleitete. Was herausgekommen ist, weiß der Berliner und Hauptsstadtbesucher, der jahrelang beide Philosophen im Marienviertel bestaunen konnte.

Aber auch klassische Mode- und Porträtfotos, aufgenommen vor bröckelnden Hausfassaden und in Berliner Hinterhöfen der DDR-Ära sind zu sehen, wie Impressionen einer Hundeschau in den 70ern oder eine facettenereiche Fensterserie, die von Berlin bis Paris reicht. Bis 1990 arbeitete Bergemann überwiegend für die Zeitschrift Sybille in Schwarz-Weiß, nach der Wende auch in Farbe. Diese setzt sie auch als konstruktive Element ein. Besonders bekannt und beeindruckend ist ihre Serie behinderter Schauspieler des RambaZamba Theaters Berlin, die Bergemann mit Polaroids großartig in Szene setzt.

Nach der Wende gründete sie mit ihrem Mann Arno Fischer die Agentur Ostkreuz und versteht sich weiterhin als sozialdokumentairsche und sachliche Beobachterin. Sowohl GEO, Spiegel, Stern als auch Die Zeit sind Platformen des Bergemannsschaffens jenseits des Mauerfalls.

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Abgerundet wird die Ausstellung in der weiten, lichten Halle mit der TV-Dokumentation „Take a picture“ aus dem Jahre 2011. Hier kannst Du einmal mehr Zeuge einer Fotografin werden, die oft mit Engelsgeduld auf den perfekten Augenblick wartet oder auch Anweisungen zur Einstellung dessen gab, und der so gut wie immer gelang. Sei es der swingende Volant am Kleid des Models oder der kleine Junge, im gleißenden Jemen just mit weißem Sonnenschirm um die Ecke kommend.

Eine retrospektive Werkschau:

Reinbeckhallen Berlin
Reinbeckstr. 9, Berlin-Schöneweide

geöffnet:
Fr, Sa 14-18 Uhr
So, Feiertag 11-18 Uhr
bis zum 30. Juli 2017

Eintritt:
5,-/erm. 3,- Euro

Die anderen Ausstellungen präsentieren:

Loock Galerie
Potsdamer Str. 63 (Tiergarten/Schöneberg)
geöffnet: Die-Sa 11-18 Uhr, montags + feiertags geschlossen
bis 29. Juli 2017

und

Kicken Berlin
Linienstr. 161 A (Mitte)
geöffnet: Die-Sa 11-18 Uhr, montags + feiertags geschlossen
bis 1. September 2017

 

 

 

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