Foto aus dem Bildband Renegades. San Francisco: The 1990s, (© Chloe Sherman/hatjecantz.de)

Durch die Straßen von San Fran

San Francisco gehörte in den 1990ern zu einer der Hochburgen des queeren Lebens. Jugendliche, gesellschaftliche Außenseiter*innen und Künstler*innen kamen in den Norden Kaliforniens, um sich in der Kunstszene, Identitätsfindung oder eben auch in Geschlechterrollen auszuprobieren. Sie wollten ihr Leben unabhängig gestalten, jenseits des gängigen Mainstreams. Damals noch bezahlbare Mieten machten den Weg für queere Bars, Clubs, Tattoo-Shops, Galerien, Cafés, Buchläden und von Frauen geführte Unternehmen frei. Feminismus und Femme-Kultur erlebten eine nie zuvor dagewesen Welle. Zum Zentrum dieser von einem starken Gemeinschaftsgefühl geprägten Szene entwickelte sich der Mission District. Chloe Sherman, 1969 in New York geboren, verschlug es ebenfalls nach Westen, um am San Francisco Art Institute Fine Art zu studieren. Die junge Fotografin erfreute sich am freakigen Leben in der berühmten Westküstenmetropole und war sowohl Mitglied dieser Community als auch deren leidenschaftliche Chronistin.

Ihr dokumentarfotografisches Werk, das stark von ihrer künstlerischen Ausbildung beeinflusst ist, hält die Lebendigkeit, die Intensität, die Individualität und die Unerschütterlichkeit innerhalb dieser von der Mehrheitsgesellschaft verhöhnten Subkultur fest. Mit dem Insiderblick dokumentieren ihre Fotografien eine Gemeinschaft im Wandel, die sich vehement gegen die vorherrschenden kulturellen Normen zur Wehr setzte und ihre ganz eigenen Regeln für den Umgang mit gängigen Geschlechterzuschreibungen aufstellte. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt und in Zeitschriften wie Rolling Stone und Interview veröffentlicht.

30 Jahrzehnte fristeten die Fotografien dieser Zeit ein halb vergessenes Dasein im Archiv der Fotografin. Nun erhalten die Werke wieder eine Platform. Unter dem Titel RENEGADES. San Francisco: Queer Life in the 1990s hast Du die Chance, die herausragenden und historisch bedeutsamen Aufnahmen nun erstmalig außerhalb Amerikas und direkt in Kreuzberg zu sehen. Die Schau fängt auf großartige Art und Weise den rebellischen Geist dieser Zeit ein und porträtiert die Epoche ungeschminkt.

Dank an Nadine Barth und Katharina Mouratidi, die als Kuratorinnen tätig waren und auch den im Hatje Cantz eschienenen Bildband herausgaben.

ZU SEHEN:
f³ – freiraum für fotografie
Waldemarstraße 1, 10179 Berlin

ÖFFNUGSZEITEN:
Mi-So von 13–19 Uhr
letzter Einlass 18.30 Uhr

DAUER:
30. Juni 2023 — 3. September 2023

TICKETS:
8,- und buchbar hier

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